EXPERTENINTERVIEW Ratgeberaktion „Wie ich lebe und sterbe, entscheide ich“ am 18.04.2013
Was sind die häufigsten baulichen Hindernisse, die Ihnen in der täglichen Betreuung in den Wohnungen der Pflegebedürftigen begegnen und welche machen eine Pflege zu Hause unmöglich?
- Manfred Anton: Häufig sind die Türen zu eng, insbesondere für Rollstuhlfahrer. Auch die Enge in den Badezimmern ist oft problematisch, wenn neben der zu pflegenden Person auch die Pflegekraft noch Platz braucht. Häufig sind es aber nur Kleinigkeiten, wie beispielsweise Haltegriffe oder abgesenkte Duschbecken, die schon große Erleichterung bei der Pflege verschaffen. Meistens ist auch ein höhenverstellbares Pflegebett erforderlich. Selbst aufwändige Patientenlifter können in der Regel in den Wohnungen angebracht werden, sodass es ein „Unmöglich“ im Grunde nicht gibt.
Wie können Sie den Betroffenen weiterhelfen, wenn diese zu Hause gepflegt werden möchten, die Wohnung aber keineswegs barrierefrei und behindertengerecht ist?
- Manfred Anton: Es gibt bei den meisten Kommunen Beratungsstellen zum barrierefreien Umbau von Wohnungen. Wenn der Betroffene vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen eingestuft wurde, hat er für Umbaumaßnahmen sogar Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch die Pflegekasse bis zu 2.557 Euro je Maßnahme.
Was sind die klassischen und von den meisten Kunden benötigten Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes? Was halten Sie darüber hinaus noch für sinnvoll?
- Manfred Anton: Erst einmal stehen oft die Themen Hauswirtschaft und Mahlzeitendienst im Zentrum. Viele Pflegedienste bieten dies an oder vermitteln solche Dienstleistungen. Ambulante Pflegedienste erbringen vor allem grundpflegerische Leistungen – wie die Hilfe beim Aufstehen, Waschen und Anziehen – sowie ärztlich verordnete medizinische Leistungen. Dazu gehören Injektionen, Unterstützung bei der Medikamentengabe bis zu aufwändigen Wundversorgungen. Meistens empfiehlt sich auch ein Hausnotruf, dessen Grundvariante bei eingestuften Patienten auch von der Pflegekasse übernommen wird.
Wer kann helfen, wenn es zu Missverständnissen und Problemen zwischen den pflegenden Familienmitgliedern und den Pflegebedürftigen kommt?
- Manfred Anton: Pflegedienste haben auch dazu viel Erfahrung. Pflegesituationen sind oft für die Pflegebedürftigen selbst und für die Angehörigen sehr belastend. Gerade die enge Beziehung innerhalb der Familie führt zu sehr komplexen Reaktionen. Professionelle Helfer haben hier oft einen eher nüchternen, dennoch einfühlsamen Blick von außen, der der Auflösung der Konflikte sehr dienlich ist. Es gibt Extremsituationen bis hin zu Gewaltanwendungen, in denen spezielle Beratungsinstitutionen vermittelt werden können.
Was können Angehörige tun, die mit der Pflegeeinstufung nicht zufrieden sind?
- Manfred Anton: Jeder Betroffene hat das Recht, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen, was auch sehr häufig zum Erfolg führt. Der Anspruch auf die dann höhere Einstufung gilt rückwirkend ab der ursprünglichen Antragstellung. Jeder Pflegedienst ist in der Lage, die Situation gemeinsam mit den Betroffenen aus pflegefachlicher Sicht einzuschätzen.
Was leistet die gesetzliche und private Pflegeversicherung, wenn bei einem Pflegebedürftigen die Wohnung umgebaut und zum Beispiel ein Treppenlift eingebaut werden muss?
- Peter Straßer: Der Einbau eines Treppenlifts stellt eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds dar und wird in der Pflegepflichtversicherung im Sinne des SGB XI mit maximal 2.557 Euro bezuschusst. Da das häufig nicht ausreicht, ist eine zusätzliche private Vorsorge empfehlenswert. Wir bieten zum Beispiel bei unserem Pflegetagegeld zusätzlich den Abschluss einer Einmalleistung bis zu 10.000 Euro an. Davon kann man zum Beispiel Umbaumaßnahmen im Pflegefall finanzieren.
Wonach richten sich die Beiträge einer privaten Pflegeversicherung und wie können sich auch Menschen mit geringem Einkommen vernünftig absichern?
- Peter Straßer: Die Beiträge in der privaten Pflegezusatzversicherung – zum Beispiel für eine Pflegetagegeldversicherung – richten sich nach dem Eintrittsalter der versicherten Person und dem beantragten täglichen Pflegetagegeldsatz. Über den Abschluss einer individuell angepassten Pflegetagegeldversicherung – wie in einem Baukastensystem – kann man den Versicherungsschutz den individuellen Wünschen und dem jeweiligen Geldbeutel anpassen. Außerdem fördert der Staat die private Pflegevorsorge mit dem sogenannten „Pflege-Bahr“ mit 5 Euro pro Monat.
Für wen eignet sich der Pflege-Bahr und wie kommt man an die gesetzliche Förderung?
- Peter Straßer: Der Pflege-Bahr steht allen ab 18 Jahren, die noch nicht pflegebedürftig sind, zur Verfügung und hat keine Gesundheitsfragen. Private Krankenversicherer wie auch der Münchener Verein, die Pflege-Bahr-Tarife anbieten, übernehmen auch gleich die Beantragung der staatlichen Förderungen.
Reicht der Pflege-Bahr aus, um die Pflegekosten zu decken, oder brauchen Verbraucher eine weitere Absicherung?
- Peter Straßer: Nein, der Pflege-Bahr ist ein erster richtiger Schritt, bietet aber keine vollständige Absicherung der finanziellen Folgen eines Pflegefalles. Empfehlenswert ist hier die Versorgungslücke noch durch eine private Pflegetagegeldversicherung – wie etwa unsere „Deutsche Private Pflege Plus“ – zu schließen.
Darf das Geld aus der Pflegeversicherung für den altersgerechten Umbau einer Wohnung eingesetzt werden?
- Peter Straßer: Ja, das vertraglich vereinbarte Pflegetagegeld wird der versicherten Person zur freien Verfügung einmal im Kalendermonat ausbezahlt. Wahlweise kann auch beim Abschluss der privaten Pflegeversicherung eine zusätzliche Einmalleistung vereinbart werden – bei uns ist das zum Beispiel bis zu 10.000 Euro möglich. Dann kann man mit den monatlichen Zahlungen die monatlich anfallenden Pflegekosten – wie vom Pflegedienst – und mit der Einmalleistung den behindertengerechten Umbau finanzieren.
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